Was sich Kinder und Jugendliche wünschen
Knapp hundert Kinder beteiligten sich im Frühjahr 2021 am Wettbewerb „Dein perfekter Spiel- und Sportplatz“. Zusammen mit dem Familienzentrum, der Volkshochschule und der Stadtbücherei Preetz organisierten wir den Wettbewerb im Vorfeld des 1. Preetzer Lesefests, das am 12. Juni 2021 unter dem Motto „Literatur auf dem Spielplatz“ auf dem Gelände der Alten Wilhelminenschule stattfand. Kinder und Jugendliche sowie Kindergartengruppen und Schulklassen hatten wir dazu aufgerufen, ihre Ideen einzureichen.
Ort der Begegnung
Hohe Klettertürme mit Trampolinen, lange ausgelassene Rutschen, die im Bällebad münden. Auf den Spielgeräten tummeln sich vergnügte Kinder. Dazwischen findet sich fast immer ein Plätzchen für ein Picknick mit Freunden, eine Bank oder eine Feuerstelle. Wer die Zeichnungen und Pläne der Kinder genauer studiert, findet viele originelle Ideen: „Ein Gruselhaus, in dem man erschreckt wird“, „ein Automat mit kostenlosem Pflaster, falls sich mal jemand wehtut“, „ein Feuerwehrauto mit Blaulicht und Wasserschlauch zum Abkühlen“ oder eine Fahrraddraisine, die man nur zu zweit bewegen kann und die damit zu einem „tollen Ort der Begegnung“ wird.
Jury aus Kunst und Politik
Die Wettbewerbsjury war hochkarätig besetzt. Der Preetzer Bürgermeister Björn Demmin, die Lesefest-Schirmherrin Aminata Touré, die Illustratorin Franziska Ludwig, die Lyrikerin Yalda Farangis Sawgand und der Fotograf Holger Förster hatten die nicht gerade leichte Aufgabe, die Preisträgerinnen auszuwählen. Auch die Kinder und Jugendlichen durften über den Publikumspreis mit abstimmen. Alle Kunstwerke wurden während des Lesefests in einer großen Ausstellung gezeigt und stießen auf großes Interesse.
Auf den Nutzer kommt es an
Die ausgezeichneten Entwürfe sind bunt und abwechslungsreich. Ein beliebtes und häufig auftauchendes Spielgerät ist das Trampolin. In der Siegerzeichnung der achtjährigen Lisa thront es so hoch oben auf einem Kletterturm, dass man meint, von dort direkt in den Himmel springen zu können. In anderen Modellen ist es kunstvoll aus bunten Fäden oder Stoff in Miniatur nachgebaut. Auf einer Collage gibt es gleich drei Trampoline nebeneinander, sodass mehrere Kinder in ihrem individuellen Tempo gemeinsam springen können. Eine Sicht, die nur einnehmen kann, wer Spielplätze kennt und nutzt. Bei digitalen Produkten würde man von „User Experience“ (UX) reden. Sie ist entscheidend für den Erfolg des Produkts – hier des Spielplatzes.
Platz zum Toben, Klettern und Abenteuer erleben
Ein Parcours, ein Pumptrack und eine Asphaltbahn zum Skaten und Radfahren laden zum Austoben ein. Die meisten Kinder wünschen sich außerdem Klettermöglichkeiten wie Klettertürme, Kletterwände, Kletterbäume oder Kletternetze. Aus den Zeichnungen und Modellen spricht auch eine Sehnsucht nach Wildnis und Abenteuer. Mehrere Kinder träumen von einem Bach, der über Steine, Brücken oder einen Hangelparcours gequert werden kann. Ein versteckter Trampelpfad, ein Parcours und ein (Skate)Labyrinth machen den Spielplatz aufregend. Ein Piratenschiff mit Kletternetz, Kajüte, Rutsche und einem Goldschatz ist perfekt für Rollenspiele.
Spielplatz als naturnaher Treffpunkt
Die fünfzehnjährige Jacqueline wünscht sich einen Spielplatz, der alle miteinschließt: „Ein Spielplatz, der bunt ist, wo man sich trifft, egal ob jung oder alt. Ein Spielplatz, wo die Natur aufblüht, Insekten, Blumen, Pflanzen und Bäume geschützt werden und der Mensch mit der Natur zusammenlebt.“ Für die Teenagerin ist der perfekte Spielplatz ein Ort, wo man sich trifft: „In der Corona-Krise sind viele einsam geworden, vor allem wir Kinder und Jugendlichen haben unter der Pandemie gelitten; wir wollen, wenn die Krise zu Ende ist, uns wieder treffen, spielen und quasseln, ein neuer Spielplatz wäre dafür die perfekte Gelegenheit.“
Von Perfektion bis Nachhaltigkeit
Es ist faszinierend, wie unterschiedlich die Modelle sind und wie jedes für sich ein eigenes Kunstwerk darstellt. Die sechsjährige Friederike hat einen Spielplatz aus grünem Kunstrasen mit einem täuschend echten Barfußpfad aus Steinen, Holz und Moos perfekt nachgebaut. Genauso sorgfältig hat der zehnjährige Abdulrahman aus Verpackungsmüll einen Spielplatz mit Wippe, Schaukel und Tischtennisplatte konstruiert. Ein Modell für Nachhaltigkeit, das nebenbei die Frage aufwirft, wie nachhaltig unsere Spielplätze eigentlich sind.
Was passiert mit den Ideen?
Am 21. November 2021 haben wir die Ergebnisse des Wettbewerbs dem Ausschuss für Kinder, Jugend, Schule, Soziales und Gleichstellung (KJSSG) der Stadt Preetz vorgestellt. Die sechsjährige Stine überreichte ihren Spielplatz-Entwurf dem Bürgermeister Björn Demmin als Schenkung an die Stadt.
Unsere Wettbewerbs-Präsentation endete mit einem Plädoyer für eine Beteiligung von Kindern und Jugendlichen in Preetz. Wie der Wettbewerb zeigt, sind Kinder unglaublich einfallsreich und schon Fünfjährige haben sehr klare Vorstellungen, was sie sich wünschen. Sie möchten klettern, springen, radeln, toben und Abenteuer erleben. Sie wünschen sich bunte, abwechslungsreiche Spielplätze, die ein Ort der Begegnung und Gemeinschaft sind.
Kinder und Jugendliche müssen beteiligt werden
Nach §47 f der Gemeindeordnung muss die Gemeinde Kinder und Jugendliche beteiligen, wenn die Planungen für Kinder und Jugendliche Bedeutung haben. „Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Sporteinrichtungen, Spielplätze, Bolzplätze, Kindergärten, Schulen, Schulhöfe, Büchereien, Jugendheime, Schwimmbäder, Radwege oder Freizeiteinrichtungen gebaut oder verändert werden sollen“, heißt es in der Broschüre „Meine Gemeinde – ich mach mit!“ vom Land Schleswig-Holstein.
Ziel ist, die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen
Heiner Garg, Minister für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie
vor Ort zu stärken. Und zwar nicht symbolisch, nicht als
Spielerei, sondern als Ausgangspunkt für eine wirkliche
Stärkung von Demokratie und Bildung. Wer lernt, dass
er tatsächlich Einfluss auf Entscheidungen nehmen kann,
für den ist Demokratie nicht nur ein theoretischer Lernstoff, sondern eine Alltagserfahrung.
und Senioren des Landes Schleswig-Holstein
Ein Beirat für Kinder und Jugendliche
Lassen wir also die Kinder und Jugendlichen mitentscheiden! Wer könnte kompetenter über Spielplätze beraten als die, die sie täglich nutzen? Vielleicht muss man auch darüber nachdenken, mehr jungen Eltern die Teilnahme an Kommunalpolitik zu ermöglichen. Alleinerziehende und junge Mütter können in den Abendstunden häufig nicht an Sitzungen teilnehmen, weil sie ihre Kinder ins Bett bringen müssen. Wie wäre es, wenn man die Ausschusssitzungen in den späten Nachmittag vorverlegt und eine Kinderbetreuung anbietet? Eine breite Beteiligung würde Preetz – wie die Wettbewerbsbeiträge zeigen – ein Stück weit bunter (und abenteuerlicher) machen.